Die große Fundraising-Studie 2024

Das Interview mit Fundraising-Expertin Sonja

Unser exklusives Interview mit Sonja Harken. Im Rahmen ihrer Promotion hat Sonja eine umfangreiche Online-Fundraising-Studie durchgeführt, deren Ergebnisse sie hier mit uns teilt.

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Erfahre, was sie an den Studienergebnissen besonders überrascht hat und welche Erkenntnisse sie gewonnen hat. Bist du bereit, praktische Tipps zu entdecken, die deine Social Media Strategien optimieren können?

Das Interview in der Audio-Version

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Interview mit Sonja - Klicke auf den Play Button, um das Interview zu starten.
31:38

Gespräch mit Sonja Harken - Transkript 

RaiseNow: Sonja, erzähle uns ein wenig über deinen Hintergrund und deinen Weg zu deinem Forschungsschwerpunkt Fundraising. Was fasziniert dich am meisten am Fundraising?

Sonja Harken: Kann ich gerne machen. Ich bin tatsächlich im Studium das erste Mal mit Fundraising in Berührung gekommen und hatte vorher noch nie etwas davon gehört. Im Master fand ich das dann aber super spannend und habe mich entschieden, meine Abschlussarbeit, also meine Masterarbeit, zu einem Fundraising-Thema zu schreiben. Habe dabei auch gemerkt, okay, ich finde das nicht nur inhaltlich spannend, ich finde auch Forschung ganz spannend. Ich hatte bereits während des Studiums meinen ersten Nebenjob im Fundraising und der erste richtige Job war auch als Fundraiserin in einer Organisation. Irgendwann habe ich mich entschieden zu promovieren und arbeite jetzt zu Erfolgsfaktoren im Online-Fundraising. Da habe ich erst eine Untersuchung gemacht zu Erfolgsfaktoren im E-Mail-Marketing von NPOs und jetzt im Social Media Marketing von NPOs. Also genau die Untersuchung, über die wir heute sprechen. Ich promoviere, aber ich arbeite die ganze Zeit auch schon in der Praxis weiter, erst auf Organisationsseite, mittlerweile auch auf beratender Seite, weil ich super wichtig finde, dass man sich nicht in der Wissenschaft verliert. Sondern natürlich auch, wenn man forscht, die Praxis nicht aus dem Blick verliert, weil man forscht, um die Praxis weiterzubringen. Fundraising schafft die Basis für die wichtige Arbeit von Non-Profit-Organisationen, weil Fundraising das Geld ranbringt, platt gesagt. Inhaltlich finde ich Fundraising auch einfach super vielseitig. Wir machen Marketing, vor allem auch Digital-Marketing. Wir sollten noch viel mehr Digital-Marketing machen. Im Fundraising arbeitet man aber auch immer mit Menschen. Man arbeitet meistens oder oft auch für Menschen. Es hat immer eine soziale Komponente und gleichzeitig hat man mit Zahlen zu tun, muss analytisch vorgehen, strategisch vorgehen und das alles immer für die gute Sache oder für eine gute Sache und das finde ich einen total schönen Mix.

RaiseNow: Jetzt, wo wir mehr über dich wissen, können wir einfach direkt schon mal ein paar inhaltliche Fragen starten zu Ergebnissen, die wir auch in der Studie haben. Und eine Frage, die da ganz wichtig ist, ist, dass gemeinnützige Organisationen sehr stark auf die Unterstützung von ihrer Community angewiesen sind und müssen auch regelmäßig mit ihren Supporter in Kontakt treten. Welche Kommunikationskanäle bewertest du für das Online-Fundraising als besonders wichtig und welche Rolle spielt da vor allem auch Social Media?

Sonja Harken: Zum einen ist natürlich die Website der Dreh- und Angelpunkt der Online-Kommunikation von Non-Profit-Organisationen. Wenn wir uns jetzt die Studienergebnisse anschauen und gucken, welche Kanäle nutzen die Non-Profit-Organisationen, die wir befragt haben, sehen wir, dass neben der Website E-Mail-Marketing super wichtig geworden ist. Das nutzen über 80% der NPOs, sie versenden Newsletter oder machen vielleicht sogar auch schon Marketing-Automation. Facebook und Instagram sind super wichtig. Jeweils zwei Drittel der Organisationen nutzen Facebook und ein anderes zwei Drittel nutzt auch Instagram. Das sind die meistgenutzten Kanäle. Daran sehen wir auch, dass insgesamt Social Media wichtiger wird. Wenn wir uns den Jahresvergleich anschauen, können wir sehen, dass die Nutzung von Facebook zurückgeht, auch YouTube wird weniger von Nonprofits genutzt. Gleichzeitig steigt die Nutzung von Instagram stetig, seit die Umfrage durchgeführt wird. Und wir sehen, dass auch immer mehr Nonprofits LinkedIn nutzen. Social Media bietet viele Möglichkeiten. Wir können super vielfältig auf Social Media kommunizieren, was die Formate angeht. Wir können Bild einsetzen, wir können Video einsetzen. Video wird auch immer wichtiger. Wir können Text auch einsetzen oder das alles in Kombination.

Wir haben kürzere Formate und längere Formate. Das, was vielleicht vorher oder „früher“, so lange ist es ja noch nicht her, aber was mal das YouTube-Video war, ist jetzt vielleicht ein Reel und eine Serie aus Instagram-Stories oder so. Wenn wir jetzt zum Beispiel uns Social Media und Newsletter anschauen, dann können wir sehen, dass in den Newslettern verschiedene Themen zu finden sind, die mit Links hinterlegt sind. Aber das Gleiche können wir auf Social Media anders aufbereiten, dass wir nicht eine Aussendung machen, wie bei einem Newsletter, was auch seine Vorteile hat, aber wir sprechen heute über Social Media. Auf Social Media können wir das im Grunde noch mal aufteilen und aus den Inhalten verschiedene kleine Touchpoints schaffen, indem wir einen Beitrag dazu machen und am nächsten Tag noch eine Serie aus Stories und das Ganze vielleicht noch mal in einem Reel bearbeiten, wenn ich von Instagram spreche. Social Media bietet uns die Möglichkeit, eine ganz andere Art von Nahbarkeit herzustellen, weil es interaktiv ist. Man hat den Kontakt zur Community. Man kann diese „Behind the scenes“ Eindrücke vermitteln und Nutzer anders mitnehmen und die Arbeit heranführen, die man als Organisation macht. Ich hatte das Stichwort „Interaktivität und Community“ gesagt: Wir erreichen über Social Media unsere Community, aber wir haben auch immer Peer-to-Peer-Effekte. Das heißt, wir können über unsere Communities wieder andere Communities erreichen, indirekt. Nicht wir direkt, sondern durch unsere Community, die Inhalte von uns teilt.

RaiseNow: Sehr spannend. Da hast du viele Entwicklungen, die vor allem auch mit Social Media und Fundraising zusammenhängen, aufgegriffen. Dazu vielleicht noch: Gibt es einen Trend, der besonders heraussticht, auch in Verbindung zu den Studienergebnissen, die wir hier haben?

Sonja Harken: Den einen Trend zu identifizieren, finde ich schwierig. Wir sehen, dass Facebook an Bedeutung verliert. Hatte ich angedeutet. Man sagt ja auch schon länger, dass eigentlich auf Facebook eher nur die alten Leute oder die älteren Zielgruppen sind, was ja auch eine interessante Fundraising-Zielgruppe ist. Das Thema haben wir auch immer wieder. Wir haben die Organisationen gefragt, auf welcher Plattform sie die höchste Reichweite haben. Da ist Facebook bei der Hälfte der Organisationen immer noch die Plattform mit der höchsten Followeranzahl, aber mittlerweile sagt auch 38% der NPOs, dass Instagram die Plattform ist, auf der sie die meisten Follower und Followerinnen erreichen. Da wird man so ein bisschen gucken müssen, denke ich, wie die Entwicklung wird. Wird Facebook gänzlich „irrelevant“ oder nur noch für bestimmte Zielgruppen relevant? Da ist die Frage relativ neu im Raum: Welche Konsequenzen hat die Abschaltung der Meta-Spendentools? Weil die haben vor allem auf Facebook stattgefunden, es gab ja auch Instagram-Tools, aber gerade diese Geburtstagsaktionen haben vor allem auf Facebook stattgefunden. Das war ein Tool zur direkten Spendenakquise. Aber auf der anderen Seite zahlt Social Media nicht nur auf Spendenakquiseziele ein, sondern ist auch super wichtig für Imageziele, Brandingziele, Reichweitenziele.

Ansonsten, was Trends oder Entwicklungen angeht, die Befragung hat ergeben, dass die Non-Profits gut sind im Bereich „Aktuelle Inhalte und ansprechende Visuals“. Das heißt, sie schaffen es gut, ihre Inhalte aktuell zu halten und ihre Visuals ansprechend zu gestalten. Und ich glaube, das ist super wichtig. Das ist jetzt kein Trend, aber das ist eine wichtige Eigenschaft von Social Media und die große Stärke, in Echtzeit zu kommunizieren, über Relevantes zu berichten, in den Austausch zu gehen, über ein Thema, was gerade aktuell relevant ist. Visualität ist natürlich auch immer super wichtig im Bereich Social Media, gerade auf Instagram. Social Media entwickelt sich stetig weiter. Es gibt immer wieder neue Funktionsweisen, die Plattformen ändern sich, fortlaufend, der Algorithmus ändert sich und ich glaube, da ist das Wichtigste, dass man einfach am Ball bleibt und dranbleibt und neue Trends, die entstehen, sei es eine bestimmte Art von Reel oder was auch immer, dass man da up to date ist und nicht abgehängt wird.

RaiseNow: Wie würdest du den allgemeinen Stellenwert von Social Media im Fundraising für eine gemeinnützige Organisation bewerten? Sind da schon alle vorne dabei oder ist es eher noch am Anfang die Entwicklung, dass Social Media wichtig ist im Fundraising?

Sonja Harken: Es ist unterschiedlich. Wenn wir uns anschauen, wie ist Social Media in der Fundraising-Strategie verankert, dann sind die Organisationen da eher so mittelgut bis mittelschlecht, würde ich sagen. Da ist auf jeden Fall noch Luft nach oben, dass Social Media, wenn man die Fundraising-Strategie oder auch die Marketingstrategie anschaut, noch nicht so gut verankert ist. Gleichwohl haben mittlerweile schon die meisten Organisationen erkannt, dass Social Media wichtig ist und eine Rolle spielt. Aber welche Rolle genau ist oft noch unklar. Grundsätzlich ist es aber super wichtig, dass man Social Media Marketing wirklich als Teil von Fundraising sieht und das entsprechend auch in der Strategie für das Fundraising verankert. Eigentlich sollte Social Media immer mitgedacht werden im Fundraising, weil es auf super vielen Ebenen einen Beitrag leisten kann, sei es die absolute Basis, nämlich dass Social Media auf Branding einzahlt, dass Social Media immer auch Imagebildung ist. Das ist die Grundlage, die wir für das Fundraising brauchen, dass wir gut gebrandet sind und dass unsere Organisation ein gutes Image hat. Social Media ist auch wichtig für den Ausbau der Community, für Beziehungspflege, auch das ist Teil von Fundraising. Und dann natürlich die direkte Spendenakquise, sei es jetzt Facebook oder Instagram, als Vertriebskanal, fällt jetzt weg, aber es kann trotzdem noch direkt eingesetzt werden im Rahmen von Fundraising-Kampagnen oder Ads, die auf Spenden-Conversions abzielen. Nicht zuletzt kann Social Media einfach die Arbeit von Organisationen nahbar und erlebbar machen, auf super vielfältige Art und Weise. Und das ist auch super wichtig fürs Fundraising.

RaiseNow: Social Media bietet viele Vorteile für gemeinnützige Organisationen. Dennoch begegnen einigen NPOS Herausforderungen. Welche sind es und wie können gemeinnützige Organisationen diese überwinden?

Sonja Harken: Wie so oft ist wahrscheinlich die größte Herausforderung die Ressourcen. Also sowohl die personellen als auch die finanziellen Ressourcen. Die Fundraiserinnen und Fundraiser, die wir befragt haben, bewerten ihre personellen Ressourcen im Bereich Social Media Marketing als schlecht. Es ist oft so, dass nur wenige Wochenstunden für Social Media Marketing zur Verfügung stehen, dass es keine eigenen Stellen gibt, dass es klassischerweise nebenbei gemacht wird. Auch die finanziellen Budgets werden oft als unzureichend bewertet. Vielfach gibt es gar kein Budget für Social Media Marketing, weil die Annahme herrscht: „Wofür braucht man da ein Budget? Da werden nur ein paar Postings gemacht.“ Das war jetzt etwas karikiert ausgedrückt, dass der Stellenwert dann nicht erkannt wird. Und ich glaube, das ist an der Stelle, gerade was Ressourcen angeht, oft erstmal interne Überzeugungsarbeit braucht, also wirklich auch Lobbying für Social Media Marketing, dass Kapazitäten und Budgets freigemacht werden. Eine andere Herausforderung, die man jetzt gerade beobachten kann, die nicht in der Organisation liegt, aber extern, ist das Thema Community Management. Die Organisationen, die wir befragt haben, sind gut im Community Management. Sie sagen, dass sie es gut schaffen, zuverlässig immer auf Kommentare zu reagieren. Aber es ist mit Sicherheit auch immer eine Herausforderung und im Moment kann man beobachten, dass gerade Organisationen, die, ich sage jetzt mal ganz breit, mit ausländischen Themen zu tun haben. Beispielsweise haben Entwicklungshilfeorganisationen oder humanitäre Organisationen, die Projekte im globalen Süden haben, im Rahmen von Kampagnen, wenn Anzeigen geschaltet werden, massive negative Reaktionen in den Kommentaren. Was eine riesige Herausforderung für das Community Management darstellt.

RaiseNow: Wie können NPOs ihre Social Media Marketing-Strategien optimieren? Hast du konkrete, praktische Tipps, die den effektiven Einsatz von Social Media Marketing unterstützen können?

Sonja Harken: Ich habe es ja angerissen, dass Social Media und Strategie nicht das Steckenpferd ist und dass da oft noch Defizite sind. Die NPOs tun sich schwer mit der strategischen Planung, aber auch der Entwicklung von smarten Zielen für das Social Media Marketing. Aber genau das ist ein Knackpunkt, dass man da strategisch rangeht und smarte Ziele entwickelt. Wichtig bei smarten Zielen: Sie müssen realistisch sein. Das heißt, nicht utopische Ziele, sondern realistische Ziele sich zu stecken, die man auch mit begrenzten Ressourcen oder mit den vorhandenen Ressourcen erreichen kann. Ich glaube, da ist es hilfreich, wenn man oft wirklich noch mal ganz an den Anfang geht und sich fragt als Organisation: Was sind unsere Ziele mit Social Media? Warum machen wir Social Media? Warum wollen wir auf Social Media kommunizieren? Und was wollen wir mit unserer Social Media Kommunikation erreichen? Und dann wirklich darauf die Aktivitäten abstimmen und da sehr fokussiert vorgehen. Manchmal ist es so, man macht Social Media, aber es geht der Zweck verloren oder das Ziel gerät aus den Augen.

Da helfen natürlich Sachen, also wenn man die grobe Strategie hat und die Ziele gesteckt hat, dann im operativen Bereich ist sicherlich sowas wie Redaktionspläne sinnvoll, dass man frühzeitig Themen plant, einplant, um nicht in die Situation zu kommen: „Okay, wir müssen jetzt wieder was posten, aber was posten wir?“ Ein Redaktionsplan auch mit klaren Zuständigkeiten. So etwas wie ein Content Hub ist sicherlich sinnvoll. Damit meine ich einen Content-Speicher, wo Bildmaterial ist, wo Textbausteine sind, wo man sich bedienen kann, wenn es um die Erstellung von den konkreten Content-Pieces geht. Idealerweise auch etwas, was nicht nur an eine Person gebunden ist, wie es ja leider oft ist, sondern wo auch Kolleginnen und Kollegen arbeiten können, wenn jemand mal ausfällt. Dass man da gut vorbereitet ist. Ansonsten ist Strategie wichtig. Wir haben jetzt schon ein bisschen drüber gesprochen, aber ich glaube, man muss auch noch ein bisschen sich Freiraum lassen, um agil handeln zu können. Weil sich schnell mal was ändern kann auf Social Media oder einfach vielleicht ein Thema aufkommt, was man nicht im Redaktionsplan hatte, aber was gerade relevant ist. Oder es trendet gerade diese eine Art von Reel und wir haben die ideale Idee, wie wir das genauso umsetzen können und dann darüber Reichweite generieren, aber es ist nicht im Redaktionsplan. Also dass man schon einen Plan hat, aber auch noch ein bisschen Freiraum hat und nicht ganz starr den verfolgt.

RaiseNow: Ein weiterer Aspekt von strategischer Planung ist ja auch das Festsetzen von Kennzahlen oder eben die Messbarmachung. Welche Kennzahlen sollten NPOs im Blick behalten oder welche Metriken sind entscheidend, um den Erfolg von Social Media Marketing messbar zu machen?

Sonja Harken: Was aus meiner Sicht super wichtig ist, wenn wir von Kennzahlen sprechen, ist generell Thema Reporting, ein sinnvolles Reporting aufzubauen. Und ich sage es jetzt auch wieder ein bisschen karikiert, nicht nur um des Reportens willen ein Reporting machen, sondern wirklich mit dem Zweck dahinter. Weil oft wird ja dazu geneigt, dass man häufig reporten soll. Und dann packen die Social Media Verantwortlichen super viele Kennzahlen rein und im Zweifel verstehen vielleicht die Leute, an die reportet wird, diese Kennzahlen gar nicht. Deswegen da erstmal vielleicht noch einen Schritt zurückgehen und gucken, was brauchen wir wirklich an Kennzahlen und lieber etwas seltener Reportings erstellen, dafür aber mit den wesentlichen Kennzahlen und sich dafür Zeit nehmen und auch die Menschen mitnehmen, an die reportet wird. Das als Intro quasi zu diesem Thema KPIs. Und welche KPIs dann letztendlich relevant sind, hängt total von der Zielsetzung ab oder davon, was eigentlich gerade gemessen werden soll, welcher Erfolg gemessen werden soll. Übergreifende KPIs, wie die Follower und Story-Views. Das sollte immer mitgehen, wenn wir von KPIs und Reporting sprechen. Ansonsten kommt es eben echt drauf an, was es ist.

Wenn wir im organischen Bereich sind, ist die Reichweite eine super wichtige Kennzahl. Das heißt, wenn man sich ein einzelnes Content-Piece anschauen möchte, also sei es der Beitrag oder die Story oder das Reel: Wie viele Menschen erreicht das? Und da kann man die Reichweite, also die Anzahl der Menschen, die das gesehen haben, ins Verhältnis setzen zu den Followern der Organisation des Profils und dann erhält man eine Prozentzahl. Das muss nicht eins zu eins identisch sein. Also Reichweite, wenn ich 80.000 Menschen erreiche, dann sind es ja nicht unbedingt die 80.000, die auch der Organisation folgen, aber das wäre dann eine Reichweite von 100%. Und da ist es ja auch super unterschiedlich, welche Art von Content-Piece es ist. Ist es eine Instagram-Story, dann ist die neueste Zahl, die ich in dem Zusammenhang gelernt habe, dass 10% Reichweite gut sind für eine Instagram-Story. Sprechen wir von einem Reel. Da sagt man, dass es erfolgreich ist, wenn es 100% Reichweite hat. Also quasi analog die Anzahl der Follower erreicht wird oder andere Accounts, aber eben diese Anzahl. Das war für den organischen Bereich.

Wenn wir in den Ad-Bereich gehen, auch da kommt es darauf an: Was war der Zweck einer Ad? Wenn wir in einem Kampagnen-Funnel denken und wir befinden uns oben im Funnel in der Awareness-Phase und setzen da ein Video ein. Dann geht es in dieser ersten Phase darum herauszufinden, welche Nutzer interessieren sich für das Thema. Da geht es noch nicht um die Conversion an sich. Da wäre eine Kennzahl, zu messen, wie gut es war, die Anzahl der Through-Plays. Also wie viele Nutzer haben sich das Video angeschaut. Wenn wir weiter runtergehen im Funnel, wo es in Richtung Conversions geht, ist die Anzahl der Conversions eine relevante KPI. Deswegen ist es schwierig, jetzt alle Kennzahlen zu nennen, weil es unterschiedlich ist. Ich glaube, was in dem Zusammenhang auch nochmal wichtig ist zu sagen. Das klingt vielleicht total banal, wird aber, glaube ich, öfter mal vergessen, ist: Jetzt haben wir Kennzahlen reported, was machen wir jetzt damit? Wir sollten daraus Schlüsse ziehen. Wir sollten die Daten, die wir als Kennzahlen aus unseren Reportings haben, nutzen, um zu schauen, was funktioniert gut, was nicht gut funktioniert. Und daraus Schlüsse ziehen und das wiederum nutzen für die Weiterentwicklung unserer Social Media Arbeit und diese Schlüsse dann anwenden.

RaiseNow: Jetzt hatten wir es ja schon von Kennzahlen, von Strategien, von wichtigen Tipps und Tricks. Ein Problem hatten wir eben schon angesprochen, sind aber mangelnde professionelle, personelle, finanzielle Ressourcen. Gibt es da Tipps oder Tools, die du empfehlen kannst, damit Organisationen mit begrenzten Ressourcen trotzdem erfolgreiches Social Media Marketing betreiben können?

Sonja Harken: Auf jeden Fall. Das Schöne an Social Media Marketing ist, dass man auch mit begrenzten Ressourcen wirklich etwas erreichen kann und etwas wuppen kann. Das ist die gute Nachricht in dem Ganzen. Das erste Stichwort wäre mit Sicherheit Plattformauswahl. Wir haben mittlerweile so viele Social Media Plattformen und da muss man sich als Organisation mit begrenzten Ressourcen natürlich fragen: „Auf welchen Plattformen wollen wir aktiv sein? Welche Plattformen können wir überhaupt bedienen?“ Da ist sicherlich das Credo: Qualität vor Quantität. Also lieber weniger Plattformen nutzen, aber dafür richtig, als auf Teufel komm raus zu versuchen, alle zu bespielen. Jede Plattform funktioniert ja auch ein bisschen anders. Da wäre dann wieder am Anfang die strategische Frage: Was sind unsere Zielgruppen und was sind unsere Wunschzielgruppen? Wen wollen wir noch erreichen und auf welchen Plattformen befinden die sich? Klar, wenn ich die ganz jungen Leute erreichen möchte, muss ich auf TikTok gehen. Aber vielleicht geht es mir auch darum, gerade die ältere Generation weiter mitzunehmen, dann ist Facebook eine der richtigen Plattformen. Und dann, wie eben auch schon gesagt, realistische Ziele stecken, ist super wichtig, ein internes Erwartungsmanagement betreiben. Ich sagte gerade, man kann auch mit begrenzten Ressourcen viel schon erreichen, aber man kann natürlich auch nicht alles erreichen. Das ist etwas, was man durchaus nach Innen kommunizieren sollte. Mit begrenzten Ressourcen können wir auch nur begrenztes leisten. Das ist einfach so.

Und ansonsten die strategischen Überlegungen an den Anfang, über die wir gesprochen haben, eine ordentliche Content-Planung machen. Wir haben über den Redaktionsplan gesprochen, aber auch sowas wie Mehrfachverwertung von Content mitdenken. Also wenn ich ein Thema habe, wie kann ich das erstens auf verschiedene Formate aufsplitten? Sei es das Reel, der statische Beitrag und die Story, aber auch, wie kann ich es für verschiedene Kanäle und Plattformen aufbereiten? Ein Thema kann ich sowohl auf Instagram oft spielen und gleichzeitig auch auf LinkedIn. Auf LinkedIn muss ich vielleicht nur das Wording anpassen oder die eine knallige Grafik aus dem Video rausnehmen, aber da eben eine Content-Planung zu haben. Ansonsten ist Video Content super wichtig geworden. Da kommen wir nicht mehr drum herum und das klingt vielleicht erstmal nach viel Aufwand, aber auch da ist es so, dass wir mit geringen Kapazitäten echt was umsetzen können. Ansprechende Visuals sind super wichtig auf Social Media, gerade auf Instagram. Es muss eine gewisse Ästhetik haben, aber ansprechend und ästhetisch heißt nicht gleich hochglanz. Es braucht nicht die Hochglanz-Videoproduktion, sondern man kann da mit einfachen Mitteln was umsetzen. Ich denke an sowas wie eine Fotoslideshow und setzt da ein Voiceover drüber. Ist mit relativ wenig Aufwand verbunden. Oder klassische Greenscreen-Videos, die man mittlerweile oft sieht, wo etwas in den Hintergrund gesetzt wird, eine Grafik oder sogar ein Video, das ohne Ton läuft und dann ist eine Person vorne mit einem Mikro in der Hand, die was dazu erzählt. Das sind Sachen, die man ohne einen super großen Aufwand umsetzen kann, ohne dass man gleich eine ganze Produktion dafür braucht. Handyfilmausschnitte mit dem iPhone oder anderen guten Smartphones kann man qualitativ hochwertige Videos drehen. In dem Zusammenhang ist, denke ich, Canva ein gutes Tool für Nicht-Grafiker und Nicht-Grafikerinnen, weil es erlaubt, auch ohne Experte oder Expertin in der Grafik zu sein, ansprechende Visuals zu gestalten.

Ansonsten, es kursieren oft Zahlen, Idealzahlen, wie oft man posten soll, dass gesagt wird, man muss mindestens ein Reel am Tag machen oder du brauchst gar nicht erst auf TikTok aktiv sein, wenn du nicht mindestens drei TikToks pro Tag postest. Ich denke, dass es wichtig ist, sich davon nicht unter Druck setzen zu lassen, weil ich überzeugt bin, dass es nicht sinnvoll ist, auf Teufel komm raus zu posten, sondern wir sollten dann etwas posten, wenn wir was Relevantes zu sagen haben. Der Algorithmus mag es gut bewerten, wenn man viel postet. Aber der Algorithmus bewertet es nicht gut, wenn Gepostetes keinen Anklang findet und schlecht damit interagiert wird. Also dann lieber das, was man postet, durchdacht machen und mit Mehrwert, das ist da auch ein wichtiges Stichwort. Und dann ist es nicht jeden Tag, aber wenn man dann was postet, ist es das, was die Zielgruppe interessiert.

RaiseNow: Jetzt haben wir super viele praktische Tipps und Empfehlungen gesammelt. Zum Abschluss: Gibt es vielleicht noch eine Empfehlung, die du NPOs mit auf den Weg geben möchtest, um ihre Social Media Marketing-Strategien für ihre Fundraising-Aktivitäten zu optimieren?

Sonja Harken: Ich glaube, das, was wir viel gesagt haben, ist, Raum zu schaffen für strategische Überlegungen, trotzdem aber nicht ganz starr vorgehen und Raum für agiles Vorgehen zu haben, das auf jeden Fall. Social Media ist super dynamisch und das auch zu nutzen, ich will nicht sagen, zu zelebrieren, aber das ist die Identität, dass es dynamisch ist und da mitzugehen. Und was mir in dem Zusammenhang noch einfällt, was wichtig ist, dass wir immer Social Media aus Sicht unserer Zielgruppen denken. Da haben wir noch gar nicht so viel drüber gesprochen, aber Social Media ist ein interaktiver Kanal und es ist kein senderorientierter Kanal im Sinne von, es sollte nicht genutzt werden, um einfach nur rauszusenden, sondern wir sollten das raus senden, was unsere Zielgruppen interessiert, wo sie was mit anfangen können, wo sie vielleicht auch drauf reagieren wollen.

Ich finde, es gibt da immer so ein typisches Beispiel und auch das ist jetzt ein bisschen karikiert: Man denke sich eine Organisation und da findet eine wichtige Gremiensitzung statt, eine Kuratoriumssitzung, Vorstandssitzung, was auch immer. Dann kommt eine wichtige Person aus diesem Gremium, geht auf die Social Media Marketing Verantwortliche zu und sagt: „Hier, wir haben gestern diese wichtige Sitzung gemacht. Hier ist ein Foto davon. Bitte posten.“ Dann sieht man da viele Menschen in Anzügen und Frauen in Kostümen, alle wichtige Leute. Und natürlich wird das gepostet, weil es hat ja ein Entscheidungsträger oder eine Entscheidungsträgerin gesagt. Also wird das auf Social Media gepostet und es passiert aber nichts, weil es eigentlich niemanden interessiert. Das war jetzt ein bisschen auf die Spitze getrieben, aber es interessiert die Leute nicht, was jetzt für ein wichtiges Gremium zusammengetragen ist und welche wichtigen Funktionen die Leute hatten, die in diesen Gremien sitzen, sondern die Leute wollen wissen, was macht der Verein, um sich für benachteiligte Kinder in der Stadt stark zu machen? Oder mit welchen Projekten arbeitet man für Ernährungssicherheit im globalen Süden? Welche Aktivitäten macht die Organisation, um die Weltmeere zu retten? Ich glaube, das ist etwas, was man manchmal aus dem Blick verliert, was man sich aber immer wieder klar machen sollte: Wir machen Social Media, um die Leute für unsere Arbeit zu begeistern und das ist das Ziel.

RaiseNow: Das sind sehr schöne abschließende Worte zu unserem Gespräch. Damit bleibt mir jetzt nur noch Danke für deine Zeit zu sagen und Danke für die sehr spannenden Empfehlungen.

Sonja Harken: Danke dir und euch.

Über Sonja

Sonja Harken bringt eine einzigartige Kombination aus akademischer Forschung und praktischer Anwendung mit. In diesem Interview bietet sie wertvolle Einblicke in die dynamische Welt des Social Media Marketings für gemeinnützige Organisationen. Sie beleuchtet die aktuellen Trends, Herausforderungen und Strategien, die heute für Fundraiser:innen unerlässlich sind, um in einer zunehmend digitalisierten Welt erfolgreich zu sein. 


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